Foto: Ville ”Unicorn” Tarhala

Warum hat Ensiferum an der Kampagne  “Music improves Brain Health” teilgenommen?

-”Das ist ein sehr wichtiges Thema. Das Gehirn ist der wichtigste Teil unseres Körpers und Information über die Gesundheit des Gehirns und des Gedächtnis zu verbreiten kann niemals schaden.  Wenn man nicht mehr 18 ist, versteht man etwas mehr über die Welt und das Leben. Freunde, Verwandten und andere Bekannte werden älter und die Gesundheit des Gehirns muss beachtet werden. Deshalb hatte ich das Gefühl, dass ich der Kampagne mitmachen wollte.”

Haben Sie Gedächtniskrankheit in deiner Familie miterlebt? Kennen Sie jemanden mit Gedächtniskrankheit?

-”Ja. Meine älteren Verwandten wohnen etwas weiter entfernt und wenn ich sie ein Paar Mal im Jahr treffe, habe ich bemerkt, dass sie sich alles nicht mehr so gut erinnern können. Als ich 40 wurde und mehr Lebenserfahrungen hatte, ist es mir klar geworden, dass es jedem passieren kann, auch meinen Familienmitgliedern. Ich beschäftige mich nicht nur mit Musik sondern ich habe Krankenpfleger gelernt und in Altenbetreuung gearbeitet. In der Arbeit sind mir die unterschiedlichen Alterserscheinungen, wie auch Gedächtniskrankheiten, bekannt geworden.”

Möchten Sie lebenslang als Musiker arbeiten oder haben Sie vor, wieder mal im Pflegedienst zurückzukehren?

-”Ich habe nie gedacht, dass ich vollzeit Musik machen würde. Mein älterer Bruder hat Gitarre  und mein Vater Schlagzeuge gespielt, seitdem er 12 Jahre alt war, und deshalb habe ich auch angefangen zu spielen. Meine Freunde und ich haben in unserem Keller abgehängt und Guns n’ Roses und Metallica gespielt. Wir haben keine Zeit gehabt, etwas Böses zu tun. In den 90er Jahren haben die Leute Junge mit langen Haaren als Flegel gefunden aber wir haben nur Spaß beim Spielen gehabt. Natürlich ist unser Spieltechnik dabei besser geworden und weil man nie weiß, was das Leben alles bringt, kann man sich eines Tages als vollzeit Musiker auf Welttournee finden.”

-”Ab und zu arbeite ich als Stellvertreter im Kindergarten und genieße es total. Auf Tour zu sein ist auch manchmal wie im Kindergarten. Aber ernst jetzt, das Musikbusiness kann sehr anstrengend und unsicher sein, und deshalb mag ich von acht bis vier arbeiten, in einer Arbeit, die sinnvoll ist und in der ich behilflich sein kann. Im Pflegedienst braucht man immer Arbeitskraft. Ich interessiere mich für Altenpflege und könnte eventuell mehr Geriatrie studieren. Man verdient nicht so gut in der Sozial- und Gesundheitsfürsorge aber das ist mein Plan B. Musik zu machen ist jedoch etwas, was ich nie aufgeben werde.”

Foto: Ville ”Unicorn” Tarhala

Für viele Leute ist Musik und Gigs zu besuchen eine Freizeitaktivität. Sie machen das aber beruflich. Sie haben gesagt, dass im Pflegedienst zu arbeiten ist abwechslung, aber wie relaxen Sie eigentlich?

-”Ich muss sagen, dass live zu spielen nicht immer als Arbeit gilt. Es gehört zu den besten Momenten im Leben, wenn man auf der Bühne steht und Kontakt zum Publikum hat. Wir spielen hauptsächlich in Mitteleuropa und Nordamerika und nicht so oft in Finnland, so es ist immer fantastisch, wenn man die Leute, die deine Band nicht früher gesehen haben, auf gute Stimmung bringen kann.”

-”Ich lese gern, gucke Filme und gehe ins Kino. Zuhause habe ich auf ein Home Entertainment System investiert. Das hört sich vielleicht komisch an aber zuhause höre ich nicht so viel Musik. Ich mag die Stille. Wenn ich Musik höre, dann handelt es sich um Ensiferum oder meine andere Band Metal de Facto. Wir sind gerade dabei, unser erstes Album zu machen und ich höre  unsere Demos wenn ich draußen spaziere oder im Bus sitze und analysiere sie. Natürlich gibt es auch Momente, wenn die Musik eine Pause von allem anbietet.”

-”Es ist anders, einen Gig zu sehen, wenn man selber in der Musikbranche tätig ist. Man fängt an, über solche Sachen nachzudenken wie zum Beispiel die Bühne gestaltet ist. Oder man analysiert den Sound. Also das Musikerlebnis hat sich geändert, aber hat immernoch einen starken Effekt. Vor ein Paar Sommer waren wir mit Nightwish in Polen. Ich mag Nightwish sehr seit ihrem ersten Album und habe die Band zum ersten Mal in 1998 gesehen. Weil unsere Crews sich kennen, haben wir die Möglichkeit gehabt, das Show nach unserem eigenen Gig zu sehen. We haben gleich neben dem Mixer gestanden. Ein Glas Wein und Ghost Love Score, und ich wurde sogar ein bisschen emotional. Ich finde, ich bin zu alt für moshpits und so was. Auf dem Konzert von Faith No More habe ich das mitgemacht und eine blaue Auge gekriegt. Auf jeden Fall sind die Live Gigs etwas Besonderes, wenn man nicht zu viel analysiert.”

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Werden Sie von Filmen inspiriert, wenn Sie Musik machen?

-”Ich gucke gerne Filme und habe mich dafür entschieden, dass ich keine Making of -Abschnitte sehe. Zum Beispiel habe ich die Collector’s Edition von Herrn der Ringe, aber ich will nicht sehen, was hinter den Kulissen passiert. Ich will die Illusion nicht zerstören. Einer von meinen Lieblings-Bassisten, Flea (Red Hot Chili Peppers) hat einmal gesagt, dass er nie die Spieler treffen möchte, die er am meisten bewundert, damit sein Bild von ihnen nicht ändert. Vielleicht ist das ein Grund dafür, dass die Leute ihre Idolen nicht treffen wollen.”

-”Ich würde nicht sagen, dass Filme mich besonders inspirieren. Jedoch passt der Actionhero Stil von Braveheart und Conan der Barbar gut zu Ensiferum und mir. Neulich habe ich mit einem Freund von mir, dem Leiter von unserer ehemaligen Plattenfirma Teemu Suominen, in einer Kneipe gesessen und über Filme geredet.  Als ich ihm erzählt habe, dass ich früher mit meinem Vater Schlager auf Sommerhochzeiten und kleine Weihnachtspartys gespielt habe, meinte er, dass Ensiferum und ich beides zusammengebracht hat, den Conan und Schlagermusik. Nur mit E-Gitarre.”

Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass die Musik eine positive Wirkung auf das Gehirn hat. Mit welcher Musik können Sie sich entspannen? Ist es immer Heavy Metal oder haben Sie irgendeine heimliche Lieblingsband?

-”Es muss nicht unbedingt Heavy Metal sein. Ich war enttäuscht als Björk ihr Konzert abgesagt hat und ich hatte schon die Karten gebucht. Ich bewundere sie, auch wenn ich ihre Musik als pseudo künstlerisch genannt habe. Ich erinnere mich, wenn wir jetzt über Erinnerungen und das Gedächtnis sprechen, an einen Moment am Anfang der 2000. Ich glaube es war im Jahr 2005. Ich habe in meiner Wohnung  staubgesaugt und gerade rechtzeitig aufgehört als Björk den Höhepunkt gesungen hat. Es war wunderbar. Ich hatte das Lied mehrmals gehört aber dieses Mal hat es mich wirklich getroffen.”

-”Aber ja, Heavy Metal ist nicht alles. Ich habe immer den jungen Musikern gesagt, dass sie zuerst studieren sollten und dann spielen aufhören. Nein, das war nur ein Scherz. Ich habe gesagt, sie sollten auch etwas völlig anders zuhören und spielen, damit sie ihren musikalischen Perspektive erweitern. Es tut einem gut zu analysieren, warum eine Genre gefällt und eine andere nicht.”

-”Ich könnte auch Ella Fitzgerald nennen, wenn es darum geht, sich zu entspannen. Alte Jazz habe ich in Spotify gehört. Klassische Musik mag ich auch. Ich habe keine klassische Musikausbildung aber ich verstehe die Theorie und habe sie mit Hilfe meines Brudes selber gelernt. Diese zwei Genres sind etwas, was ich nicht so gut verstehe und das begeistert mich. Heavy Metal ist ziemlich berechenbar: Auf Gigs kann ich in meinem Kopf durchgehen, wie die Band spielt und wie die Solos und Melodien gehen.  Jazz und Klassisch sind bilden eine Herausforderung für das Gehirn.”

-”Neulich habe ich eine CD von Israel Kamakawiwo. Er spielt Ukulele und stammt aus Hawaii. Ein großer Kerl, der wie ein Engel singt. Sehr gute Musik zum Chillen und über die Hawaii-Stränder zu träumen.”

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Es gibt eine Studie davon, dass die heutige Musik viel einfacher ist als die Musik aus der 60er und 70er Jahren. Die Musik von heute macht uns dummer. Finden Sie es so?

-”Das ist eine ganz radikale Behauptung und und ich verstehe, dass sie eine Provokation ist. Andererseits glaube ich,  dass es da ein Stück Wahrheit steckt.”

-”Ich höre nicht Radio und kenne alle die Pop-Artiste nicht. Auch sehe ich selten fern, nur einige Dokumente in YLE Areena oder solche Serien und Filme, die man mir empfohlen hat. I denke, dass das Konzept der Pop-Musik, mit der man Geld macht, kennt man schon seit Jahrzehnten und es geht heute nur um Wiederanwendung von alten Ideen.”

-”Als ich jung war, hat Asko Kallonen einmal gesagt, dass er ein Radiohit völlig mühelos machen kann. Vielleicht haben die größten Produzenten der Welt die Leidenschaft, Musik zu machen, aber ich würde es eher als Verkaufen vom Artist und sein Image nennen. Wenn Lauri Tähkä ein supergutes Hard Rock Song machte,  würde es trotzdem nicht gut eingenommen, weil es kontroversiell mit seinem Artist Image wäre. Es hängt alles natürlich von den kapitalistischen Kräften. Die Leute scheinen zu denken, je mehr ein Artist gespielt wird, desto besser seine Musik ist. Auch die Bedeutung von Musik kann diskutiert werden. Ich finde es nicht verkehrt, in die Disko zu tanzen gehen und mit der Hitliste zufrieden zu sein. Es gibt keine einzige richtige Weise, Musik zu genießen. Darüber zu streiten ist ein Luxusproblem.”

Die Patientenverfügung ist eine Willenserklärung einer Person über die medizinische Behandlung. Darauf kann man auch schreiben, was für Musik man hören will, wenn man nicht mehr fähig ist, seinen Willen auszudrücken. Was für Songs würden Sie in Ihrer Patientenverfügung erwähnen?

-”Bisher habe ich nicht von Patientenverfügung gehört. Das ist eine schwierige Frage. Ich würde eine Menge Songs listen. Tapio Rautavaara auf jeden Fall, denn seine Musik hat mein Vater gespielt und ihm haben wir immer  auf dem Weg zu unserem Sommerhaus gehört. Schlager würde ich erwähnen, auch wenn ich es als Kind nicht gemocht habe. Wenn ich angefangen habe, mit meinem Vater zusammen zu spielen, habe ich in dieser Genre vieles Gutes gefunden.”

-”Meine Oma hatte Alzheimer und sie hat immer gelächelt und hatte tränen in den Augen als ich ihr meine Kindheitserinnerungen erzählt habe. Sie war also nicht in der Lage nichts mitzukriegen. Deshalb möchte ich viele unterschiedliche Musik auf meiner Liste haben, nicht nur Kulkurin iltatähti oder ähnliches aber auch die Hits von 90er und Iron Maiden, die eine sehr wichtige Band zu mir ist.”

-”Und Ella Fitzgerald. Unbedingt. Die finnische Melancholie hat ihre Zeit und Ort, aber ich möchte auch die Musik hören, die einem glücklich macht. Die Musik ist ein starker Kanal für Gefühle und meine Liste sollte angenehme Erinnerungen wecken. Björk, Faith No More (das erste blaue Auge meiner dreißiger Jahre) und Trio Niskalaukaus, die ich auf Tuska Metal Festival gesehen habe, als ich noch in der Schule war. Nightwish, und Ensiferum auch, weil sie so eine große Rolle in meinem Leben spielt. Die eigene Musik, bei der man hunderte von Stunden gebracht hat, ist nicht die erste, die man zu Hause zuhört. Nach einer Weile weckt sie aber tolle Erinnerungen, wie zum Beispiel unser Album From Afar (2009), das Markus und ich in seinem Wohnzimmer komponiert haben. Ich habe nie meiner Oma meine Musik gespielt als ich sie besucht habe. Wir haben eher geredet und zusammen Zeit gebracht. Allerdings sollte man nicht denken, dass die Leute im gewissen Alter nur eine Genre hören. Einer von unseren Merchandise-Verkäufern war ein 70-jähriger Mann mit einem grauen Bart. Er war ein Grindcore-Fan und hat uns erzählt, dass er immer auf Napalm Deaths Gig in der erste Reihe steht. Es ist eine Klisché, dass Alter nur eine Zahl ist, aber ich denke man selber entscheidet was für eine Einstellung aufs Leben man hat. Jetzt spielt man die Musik aus den 50er und 60er Jahren in den Pflegeheimen und in 20 Jahren sagen sie im Radio “jetzt die Wettervorhersage und Slayer”.”

Foto: Ville ”Unicorn” Tarhala

Sie sind auf der Welttournee. Wie halten Sie das anstrengende Reisen aus und wie bleiben alle auf gute Laune?

-”Man sagt, dass ein Bandmitglied zu sein ist wie verheiratet zu sein. Einer von unseren Lauttechnikern ist dabei genauso lange wie ich, seit 2005. Natürlich wird man gute Freunde. In jeder Beziehung gibt es Wechselfälle, und nach den Flitterwochen geht es nicht immer so problemlos weiter, aber wir wären nicht als Band zusammengeblieben, wenn wir einander nicht mochten.”

-”Der schwerste Teil dieses Jobs ist auf jeden Fall das Reisen. Wenn man eine Auslandsreise pro Jahr macht, kann es schwierig zu verstehen sein, wie es ist, wenn man seinen Koffer jedes Wochenende packt, um 5 Uhr morgens am Flughafen ist, alle die Instrumente dabei hat, 300 Kilometer fährt und eine Gig spielt, etwas Kleines isst und vielleicht noch an derselben Nacht in die nächste Stelle fährt. Danach ist man ziemlich erschöpft und alle Kleinigkeiten nerven. Es ist nur menschlich, aber deshalb trinken wir nur wenig Alkohol auf dem Tour. Und die Leute bezahlen für die Tickets und wir wollen unser Bestes tun, was nicht möglich ist, wenn man einen Kater hat.”

-”Ich lese gern auf dem Tour. Ich habe immer ein Buch dabei. Einmal hatten wir ein Tour von 8 bis 9 Wochen und ich hatte mehr Bücher mit mir als Kleider. Ich habe gehört, dass der Kindle ganz praktisch wäre, aber ich mag Bücher mehr. Sport machen ist auch eine Sache an sich. Ich habe früher often Yoga gemacht und weil ich jetzt ein bisschen zugenommen habe, versuche ich es wieder zu machen. Es ist notwendig, die Muskulatur zu trainieren, weil man viel sitzen und warten beim Reisen muss, und kurz nachher sollte man auf der Bühne mit voller Energie springen. Also man muss aktiv bleiben. Die Sehenswürdigkeiten der Städte besuchen, zum Beispiel.  Es ist ein großes Privileg, rund um die Welt reisen zu dürfen und Orte sehen, in die man normalerweise keine Urlaubsreise macht, wie Mittelamerika. Für mich tut es gut: Ich bleibe sowohl psychisch als auch physisch fit.”

-”Den jüngeren Bands würde ich sagen, dass es keine solche Sache wie kostenloses Alkohol gibt. Man bezahlt den Preis irgendwie sowieso. Ich habe mich dafür entschieden, die Gigs ohne Alkohol zu spielen und wenn ich ein Glas Wein haben möchte, trinke ich es zu Hause. Die Leute denken oft, dass es immer Sex, Drugs & Rock’n’roll ist. Die Band Eläkeläiset hat in ihrem Buch beschreibt, wie die Leute sich darüber wundern, dass sie nüchtern auf der Bühne sind. Man kann sich nicht die ganze Zeit mit Alkohol marinieren. Es ist nicht gesund. Wer will das überhaupt?”

-”Ich habe solche Bands gesehen, die die X-Boxes dabei haben, und auch solche Bands, die viel arbeiten. Sie schreiben Songs, spielen Gigs und schreiben danach noch mehr Songs. Oder sie studieren. Es gibt viele Alternative, wie man Zeit verbringen kann. Und man kann nicht immer wissen, was passiert. Wenn der Bus kaputt geht oder man verliert die Instrumente, hängt es von einem selbst, was man währenddessen macht.”

Foto: Ville ”Unicorn” Tarhala

Was haltet deine Familie von Ihren Tours und Ihrem Leben als Musiker? Gibt es Zeit für das normale Familienleben?

-”Wie würdest du ein normales Familienleben definieren? Ich habe das Glück, eine Person bei mir zu haben, die das respektiert, was ich mache und mich ermutigt. Und das gilt auch anders um, was besonders wichtig ist. Als ich meine Mutter besuchte, war Dr. Phil im Fernseher. Seine Frau wurde interviewt und gefragt, wie es ist, wenn er so viel reist. Die Frau antwortete, dass sie seine Tennisausrüstung in den Flur trägt, damit die erste Sache er machen kann, wenn er wieder zu Hause ist, ist etwas was er liebt. Anscheinend versteht die Frau wie hart der Job sein kann und ist bereit, ihn seine Zeit zu geben. Das macht die Zeit zusammen dann auch noch gemütlicher.”

-”Ich kenne Paare, die seit 20 Jahren zusammen sind und keine einzige Nacht getrennt verbringt haben. Für sie ist es nicht einfach zu verstehen, dass ich für 11 Wochen unterwegs sein kann. Denke an die Seemänner früher. Sie haben einen Brief an einem Hafen nach Hause geschickt und es hat lange gedauert, bis der Brief Finnland erreichte. Heutzutage kann man skypen. Und weil es so leicht ist, vermuten die Leute, dass man immer erreichbar ist. Ein paar Tage ohne WLAN ist keine Ausrede.”

Foto: Ville ”Unicorn” Tarhala

Können Sie einen speziellen Gig erwähnen, an dem Sie sich immer erinnern können?

-”Es gibt mehrere von denen. Ich bin offiziell 1.1.2005 in die Band eingetreten. Mein erster Gig war witzig. Wir haben in Nivala, Tuiskula gespielt, waren alle jung und aufgeregt. Es war nicht erlaubt, Flaschen auf der Bühne zu haben, weshalb wir die Getränke in Plastikbechern hatten. Nach ein Paar Songs habe ich meinen Becher gesucht und bemerkt, dass er auf den Boden gekippt war. Ich habe angefangen, den Boden mit einem Handtuch zu wischen und gerade dann haben sie angekündigt, dass die Band einen neuen Bassisten hat: Nämlich mich, nach vorn beugend, beim Wischen des Bodens. Einer von den größten Anti-Rock’n’roll -Momenten immer.”

-”In den USA einige Kerle von einem Tätowierungsmagazin wollte unsere Tätowierungen fotografieren. Peku und ich haben ihnen erzählt, dass wir leider keine haben. Das war ein sehr kurzes Interview. ”

-”In 2008 in Wacken habe ich einen richtigen Wow-Moment erlebt. Wir haben einen frühen Gig gehabt, um 14 oder 15 Uhr, was ungünstig ist, weil es keinen Sinn macht, die Lichter und Pyros in vollen Tageslicht zu haben. In Europa bucht man oft Bands von dieser Genre zum Nachmittag sodass die Leute aus dem Campingplatz zum Festivalgebiet kommen. Kurz vor unserer Nummer hat es heftig geregnet und wir haben nur einige Bekannte vor der Bühne gesehen. Aber nach dem Intro, wenn man den Vorhang öffnet und wir treten ein, gibt es Publikum so weit man nur sehen kann. Bestimmt 50.000 Menschen. Und wir können nur bewundern. Das war unglaublich.”

-”Wenn das Live-Spielen nicht mehr dafür Wert ist, von zuhause weg zu sein, dann mache ich Schluss. Man muss sich ehrlich sein.”

Was gefällt Ihnen besser, die kleinen Gigs oder auf Festival zu spielen?

-”In einem Club, auf jeden Fall. Ich mag es, Kontakt zu den anderen Leuten zu haben. Natürlich ist es schön, wenn zehntausende Menschen in Wacken oder Hellfest mitsingen, schreien, crowdsurfen und moshpits machen, wenn man spielt, aber es gibt etwas Besonderes in dieser verschwitzte Intimität der Klubs.”

-”Ich hasse den Fotograben, der auf Festival zehn Meter breit sein kann. In Ungarn hat der Promoter VIP-Karten verkauft und den Zelt in zwei geteilt. Etwa 200 Leute mit VIP-Karten hat in dem ersten Teil gestanden, die anderen 1000 Leute im Hintergrund, und dazwischen gab es einen leeren Raum. Wie doof ist das denn. Ich hatte den Eindruck, dass die Leute Ferngläser brauchten, die Show folgen zu können. Im Vergleich zu Finnland, wo das Durchschnittseinkommen höher ist, haben die Ungar ganz viel für die Karten bezahlt. Ich finde es wichtig, dass man bekommt, wofür man bezahlt hat. Auf unserem neuesten Tour haben wir jeden Tag aus Protest Autogrammstunde umsonst gemacht. Es ist ätzend, wenn man dafür bezahlen muss, dass jemand dein T-Shirt mit einem Permanentmarker zerstört. Wir verbringen 30-45 Minuten bei Fans und empfehlen es für jede Band. Ich verstehe den Business und dass die Musikindustrie kein Wohltätigkeitsarbeit ist und die Leute müssen verdienen, aber trotzdem.”

Foto: Ville ”Unicorn” Tarhala

Eine leichte Frage: Was ist der beste Gig, den Sie im Publikum gesehen haben?

-”Ich kann nicht nur einen Gig nennen. Iron Maiden war letztes Mal ausgezeichnet. Die Band ist mir lieb und die Show war wunderbar. Wir hatten einen eigenen Gig auf demselben Zeitpunkt in Hellfest in Frankreich und haben vermutet, dass niemand uns sehen will. Aber das Zelt war voll und ich musste laufen, damit ich die Show von Iron Maiden sehen konnte.”

-”Epic Gigs? Nightwish, die ich früher erwähnt habe. Und Ulver, eine norwegische Band, in Nosturi Helsinki. Ich hatte den Namen gehört, aber wusste eigentlich nichts von der Band.  Ein Freund von mir, Jukka-Pekka Nieminen, fragte ob ich mitkommen möchte und ich war total über die Screens auf der Bühne erstaunt. Es war schön, die Musik pur zu erleben, wenn man die Songs nicht kannte. Ich habe ihre Alben gekauft, aber ein Live-Gig ist immer etwas Anderes.”   

-”Durch meine Arbeit lerne ich viele Bands kennen, zu deren Konzerten ich sonst nicht gehen würde. Zum Beispiel Jari Sillanpää. Keiner von uns, ein Freund von mir und ich, konnte tanzen und wir konnten auf seinem Konzert nur hoffen, dass keine von den Damen im Alter meiner Mutter zu uns kommen würde, um uns zum Tanzen zu holen. Aber das ist eine andere Geschichte.”

Die goldenen Jahren des Finnischen Heavy Metals waren die vom Anfang der 2000. Wie finden Sie die jetzt? Vermissen Sie the hype oder warten Sie auf einen neuen Boom?

-”Die Finnische Sprache ist ein beschränkender Faktor für den internationalen Erfolg, auch wenn wir Bands mit Qualität haben. Es ist fantastisch, dass Bands wie Moonsorrow oder Korpiklaani im Ausland beliebt sind. Finnland ist bekannt als das Land des Heavy Metals und wir spielen Heavy Metal gut. Alles hat seine Höhen und Tiefen. Jetzt gründen die ehemaligen jungen Metalhead Familien und das ist in der Clubszene von Helsinki zu merken.”  

-”Ich glaube an Jugendlichen und hoffe, dass sie unsere Genre, das Folk Metal, in der  Zukunft weiter bringen. Fast alle Folk-Metal Bands kommen aus Finnland und es geht uns trotzdem gut. John Smith Festival war ausverkauft und wird nächstes Jahr dreitägig sein. Tuska und Nummi sind auch gut besucht. I versuche mein Teil zu machen und starte gerade eine neue Band mit sowohl alten als auch jungen Spieler. Wir haben einen humorvollen Slogan “Make power metal great again”. Mikael, der Sänger von Metal de Facto, ist 25 Jahre alt und hat dieselben Metal-Klassiker gehört als ich. Lordi hat den Heavy Metal akzeptabel für das große Publikum gemacht und Apulanta spielt auf Iskelmä Festari (ein Finnischer Schlager-Festival). Wenn es Nachfrage gibt, ist es nur vernünftig zu liefern.”

-”Die letzte Sache ich sagen möchte, ist für die politischer Entscheidungsträger: Schneiden Sie bitte nicht von Kunstunterricht. Es gibt so viele Bands in Finnland, weil die Kinder eine Möglichkeit haben, verschiedene Instrumente in der Schule auszuprobieren und Fähigkeiten in Musik, Kunst und Handwerk zu lernen. Nicht jeder kann der nächste Alvar Aalto sein, aber dass man es versuchen kann, ist ermutigend.”

Foto: Ville ”Unicorn” Tarhala

Interview: Marko Mustiala

Fotos: Ville ”Unicorn” Tarhala

Ubersetzung: Riikka Tarhala